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Prüfung der Grundsteuerbescheide

2022-11-19 , Andreas Giebel

So prüfen Sie die Bescheide zur Grundsteuer

Stimmen die Daten?

Zunächst sollten Sie prüfen, ob alle Daten zu Ihrem Grundstück und Gebäude vom Finanzamt richtig aus der Erklärung übernommen wurden.

Achten Sie auch darauf, dass sich keine Zahlendreher eingeschlichen haben.

Die zu prüfenden Daten finden Sie auf dem Bescheid zur Feststellung des Grundsteuerwerts.

Insbesondere die nachfolgend aufgezählten Daten sollten korrekt sein:

Aktenzeichen
Unter dem  Aktenzeichen ist Ihr Grundstück beim Finanzamt erfasst. Es steht ganz oben auf dem Bescheid des Finanzamts.

✅  Grundstücksart
Die Grundstücksart finden Sie unter der Adresse Ihres Grundstücks auf der ersten Seite des Grundsteuerwertbescheids.

Folgende Grundstücksarten sind unter anderem möglich

▶️ Gebäude mit einer Wohnung = Einfamilienhaus

▶️ Gebäude mit zwei Wohnungen = Zweifamilienhaus 

▶️  Wohnhäuser mit mehr als zwei Wohneinheiten = Mietwohngrundstück

▶️ Eigentumswohnungen = Wohnungseigentum

Mit der Grundstücksart Zweifamilienhaus lässt sich oft Grundsteuer sparen. Weitere Informationen erhalten Sie hier in unserem Blog.

Baujahr und Kernsanierung
Das Baujahr finden Sie wie die weiteren Daten im Abschnitt „Berechnung des Grundsteuerwerts nach dem Ertragswertverfahren“.

Das Baujahr und das Jahr einer Kernsanierung stehen meist noch auf der ersten Seite des Grundsteuerwertbescheids im Abschnitt „Restnutzungsdauer des Gebäudes“.

Hier steht auch die Angabe zur Kernsanierung.

Wichtig:

In der Praxis liegen Kernsanierungen fast nie vor. Welche Vorrausetzungen für eine Kernsanierung vorliegen müssen haben wir hier erklärt. Haben Sie irrtümlich eine Kernsanierung erklärt oder hat Ihnen das Finanzamt eine Kernsanierung unterstellt, obwohl keine Kernsanierung durchgeführt wurde, sollten Sie das in jedem Fall z.B. durch einen Einspruch berichtigen lassen.

Anzahl der Wohnungen und Wohnfläche
Die Wohnfläche finden Sie im Abschnitt „Rohertrag gemäß Anlage 39 zum BewG“. Achten Sie darauf, dass die Flächenangaben und die Anzahl der Wohnungen richtig erfasst wurden und sich keine Zahlendreher eingeschlichen haben. Wie die Wohnfläche zu ermitteln ist, finden Sie hier bei uns im Blog.

Anzahl der Garagenstellplätze
Auch die Anzahl der Garagen- oder Tiefgaragenstellplätze finden Sie im Abschnitt „Rohertrag gemäß Anlage 39 zum BewG“. Achten Sie darauf, dass nur die Garagen- oder Tiefgaragenstellplätze aufgeführt sind, die Ihrem Haus oder Ihrer Eigentumswohnung zuzurechnen sind.

Bei der Bewertung von Wohngrundstücken sind Stellplätze im Freien oder Carports nicht anzugeben.

Grundstücksfläche und Miteigentumsanteil
Die Grundstücksfläche finden Sie unter der Überschrift „Ermittlung des abgezinsten Bodenwerts“.

Wichtig:
Hier dürfen nur die Flächen bzw. im Fall von Wohneigentum die Flächenanteile aufgeführt werden, die sich in Ihrem Eigentum befinden.

Bei Eigentumswohnungen sollte hier also nur die anteilige Grundstücksfläche stehen.

Im Falle von gemeinsam genutzten Privatwegen oder Garagenhöfen darf hier nur die Summe Ihres Hausgrundstücks sowie der anteiligen Fläche an dem Privatweg oder dem Garagenhof aufgeführt sein.

Bodenrichtwert
Den Bodenrichtwert finden Sie im gleichen Abschnitt wie die Grundstücksfläche.

Achten Sie auch darauf, dass der richtige Bodenrichtwert für Ihr Grundstück aufgeführt ist. Bodenrichtwerte lassen sich mit Hilfe der Grundsteuerportale der einzelnen Bundesländer ermitteln. Die Links zu den einzlenen Portalen finden Sie hier.

Haben Sie Fehler in der Erklärung gemacht?

Jetzt sollten Sie prüfen, ob Ihnen keine Fehler bei den Angaben in der Grundsteuererklärung unterlaufen sind.

Kernsanierung erklärt
Wie oben bereits erläutert liegen Kernsanierungen fast nie vor. Haben Sie falsch eine Kernsanierung angegeben, obwohl nur einzelne Maßnahmen durchgeführt wurden oder sich die Sanierungen über viele Jahre oder Jahrzehnte erstreckt haben, sollten Sie Ihre Angabe im Rahmen eines Einspruchs berichtigen.

Zubehörräume als Wohnfläche oder Nutzfläche erklärt
Zubehörräume wie Keller, Waschküchen, Heizungsräume oder unausgebaute Spitzböden müssen bei Wohngebäuden nicht in der Grundsteuererklärung angegeben werden. Diese Räume sind auch nicht als Nutzfläche zu erfassen.

Zuviel Garagen oder Stellplätze erklärt
In der Grundsteuererklärung sind nur Garagen- oder Tiefgaragenstellplätze anzugeben.

Carports oder Stellplätze im Freien müssen nicht erfasst werden.

Bei Eigentumswohnungen müssen zudem nur die Garagen- oder Tiefgaragenstellplätze angegeben werden, die zu Ihrer Wohnung gehören.

Falsche Grundstücksfläche oder falscher Miteigentumsanteil erklärt
In Grundsteuererklärung muss in der „Anlage Grundstück“ nur die Grundstücksfläche angegeben werden, die der eigenen "wirtschaftlichen Einheit" zuzuordnen ist.

Was eine wirtschaftliche Einheit ist, haben wir hier in unserem Blog erklärt.

Bei Eigentumswohnungen darf als Fläche nur der Miteigentumsanteil an der gesamten Grundstücksfläche erfasst werden. Haben Sie fälschlicherweise die gesamte Fläche des Flurstücks angegeben, sollten Sie dies im Rahmen eines Einspruchs korrigieren lassen. Bitte beachten Sie hierzu auch unseren Blogbeitrag zu Eigentumswohnungen welcher hier zu finden ist.

Falsches Baujahr bei Anbauten
Beim Baujahr können sich, außer durch Zahlendreher, normalerweise keine Fehler einschleichen.

Eines ist aber dennoch zu beachten:

Haben Sie bei Ihrem Haus einen Anbau oder eine Aufstockung errichtet, spielt das für die Angabe des Baujahrs in der Erklärung keine Rolle. Sie müssen trotzdem das Baujahr des alten Gebäudeteils angeben.

Außerdem sind Anbauten oder Erweiterungen nicht automatisch eine Kernsanierung.

Wann ist ein Einspruch sinnvoll?

Diese Frage ist derzeit nur schwer zu beantworten.

Haben Sie Fehler bei den Angaben in Ihrer Erklärung gemacht oder hat das Finanzamt falsche Daten angesetzt sollten Sie in jedem Fall Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid einlegen. Dies betrifft insbesondere folgende Fälle:

❌ falsche Grundstücksart

❌ falsche Grundstücksgröße

❌ falscher Bodenrichtwert

❌ falsches Baujahr bzw. falsche Angabe einer Kernsanierung

❌ falsche Wohn- bzw. Nutzfläche

❌ falsche Anzahl von Garagen oder Tiefgaragenstellplätzen

Darüber hinaus wird vermutlich viele weitere Klagen gegen die gesetzlichen Bewertungsvorschriften geben.

Trifft einer der folgenden Punkte auf Ihr Grundstück zu, ist ein Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid daher auch sinnvoll:

Grundstücksgröße über 2.000 Quadratmeter

Bei Grundstücken über 500 qm Grundstücksgröße in der Gebäudeart Ein- und Zweifamilienhaus wendet das Finanzamt für die Errechnung des Bodenwerts bestimmte Umrechnungskoeffizienten an. Dadurch wird berücksichtigt, dass Grundstücke mit einer Größe von mehr als 500 qm zu einem größeren Teil nicht bebaubar sind und deshalb nicht mit dem vollen Bodenrichtwert bewertet werden können. Diese Umrechnungskoeffizienten sind gestaffelt, umso größer das Grundstück desto größer ist auch der „Abschlag“ auf den vollen Bodenwert. Diese Staffelung endet aber bei einer Grenze von 2.000 qm. Das führt bei sehr großen Grundstücken tendenziell zu einer Überbewertung.

Wohnungsgröße unter 60 Quadratmeter

Im Ertragswertverfahren wird der Gebäudewert an Hand fiktiver Mieteinnahmen errechnet. Die dafür verwendeten standardisierten Mieten sind gesetzlich vorgeschrieben und unterscheiden sich je nach Gebäudetyp, -alter, Wohnungsgröße und Bundesland. Wir haben das hier in unserem Blog genauer erklärt. Bei Wohnungen unter 60 Quadratmetern sind die standardisierten Mieten allerdings unverhältnismäßig hoch. Auch das führt in vielen Fällen  tendenziell zu einer Überbewertung.

Keine Berücksichtigung von Grunddienstbarkeiten

Wenn sich auf Ihrem Grundstück öffentliche Versorgungsleitungen befinden und ein entsprechendes Leitungsrecht oder andere öffentliche Grunddienstbarkeiten im Grundbuch eingetragem sind, mindert das den Wert Ihres Grundstücks. Bei der Grundsteuerbewertung wird diese Minderung aber nicht berücksichtigt. Auch das führt zu einer Überbewertung.

Erfolgsaussichten unbekannt

Wollen Sie sich gegen die gesetzlichen Bewertungsvorschriften wehren, kann Ihnen derzeit niemand die Erfolgsaussichten beziffern.

Solange noch kein Klageverfahren vor Finanzgerichten anhängig sind, kann das Finanzamt jederzeit über Ihren Einspruch entscheiden. Hierbei wird es sich bei Einsprüchen gegen die gesetzlichen Bewertungsvorschriften wohl immer um eine Ablehnung Ihres Einspruchs handeln. Nur bei einem anhängigen Klageverfahren kann das Finanzamt die Bearbeitung Ihres Einspruch ruhen lassen. Wird Ihr Einspruch durch das Finanzamt abgelehnt, müssen Sie selbst gegen die Einspruchsentscheidung klagen. 

Weder die Erfolgsaussichten des Einspruchs noch die dder Klagen können zum jetzigen Zeitpunkt beurteilt werden.